Interview mit erfolgreichsten Schwimmer in Deutschland Christian Keller – Teil 2

2. Teil: Welche Strategien durch Mentaltraining beim Leistungssport dich weiterbringen. Ein spannendes Interview mit dem erfolgreichsten deutschen Schwimmer und Europameister Christian Keller und Mentalcoach Dirk Schmidt.

Mentaltrainer Dirk Schmidt hat Christian Keller getroffen, um mit ihm über Erfolge, mentale Stärke und Ziele zu sprechen.

Mentalcoach Dirk Schmidt:
Herr Keller, verraten Sie uns mal einen Tipp oder einen Trick wie Sie Ihren „inneren Schweinehund“ überwinden, auch wenn Sie mal keine Lust zu trainieren haben? Was tun Sie dann?

Christian Keller:
Ich denke mal es ist eine Charakterfrage, ob man den „inneren Schweinehund“ überwältigt, oder nicht. Meine Formulierung ist da eher, dass man den „Tiger im Herzen“ haben muss, um den „Schweinehund“ zu überwinden. Dass man gar nicht erst diese Aversion gegen das nicht trainieren aufkommen lässt. Natürlich war es in den Jahren des Leistungssports bei mir auch immer eine Gewohnheitsfrage. Morgens um 5 Uhr aufzustehen, um 6 Uhr im Wasser zu sein. Ich denke mal, man sollte sich immer vor Augen führen, wenn ich jetzt nicht trainieren gehe, stärke ich damit meinen Gegner und schwäche meine eigene Situation. Wenn ich trainiere bin ich immer auf dem gleichen Level wie mein Gegner, oder ich setze noch eine Trainingseinheit obendrauf, um mir einen Vorteil zu geben. Ich denke das könnte eher der Punkt sein, dass man seine Ziele nicht aus den Augen verliert, und sich dann eben darauf fokussiert, und dann auch keine Trainingseinheit ausfallen lässt.

Mentaltrainer Dirk Schmidt:
Ich habe mal gelesen, es entstehen Glücksgefühle beim Sport, und speziell beim Laufen, diese Endorphine, die dann ausgeschüttet werden sollen. Sie schmunzeln?

Christian Keller:
Ja, hatte ich auch mehrfach.

Mental-Coach Dirk Schmidt:
Können Sie uns etwas dazu sagen? Wie bekommt man dieses Gefühl? Können Sie dieses Gefühl beschreiben?

Christian Keller:
Dieses Gefühl ist einfach gigantisch, also man bekommt eine Euphorie des Schwebens. Das heißt, man spürt den Asphalt gar nicht mehr, man läuft auf einer Wolke, es geht alles von alleine. Man hat keinen Schmerz mehr, das Herz schlägt schneller, man hat Gänsehaut, man genießt die Atmosphäre, vor allen Dingen wenn man sich eine Zeit vorgenommen hat, und man kann mit Leichtigkeit diese so genannte Schnittzeit erreichen beim Laufen. Dass man bei Kilometer 35 wo der Marathon eigentlich erst anfängt immer noch keine Schmerzen hat, und ich weiß, ich brauche nur noch 7 Kilometer. Ich habe dann ein Gefühl es geht alles von alleine. Und wenn dann die Zuschauer einen noch anfeuern, und die Mitläufer überholt, dann fühlt man sich, als wenn man im freien Fall ist, und irgendwo auf einem ganz weichen Federbett landet. Das ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl, wo letztendlich auch die Philosophie des bereit sein zur Aufopferung entsteht. Denn ohne diese Glückgefühle, ohne diese Belohnung für meine sportliche Höchstleistung, ob es nun Medaillen sind, ob es meine eigene Zielsetzung ist, das zu Erreichen. Ohne diese Glücksgefühle wäre eine Leistungsbereitschaft nicht möglich.

Mentaltrainer Dirk Schmidt:
Wie kann ich das mit der Aufopferung verstehen? Was müssen Sie aufopfern?

Christian Keller:

Aufopferungsbereitschaft beginnt mit dem Training, denn ich muss ja viele Einschränkungen hinnehmen. Wobei dann nur Einschränkungen, wenn mir das Training eben nicht den Spaß macht, und den Lebensinhalt gibt, wie jetzt andere Sachen. Mit Aufopferung meine ich, diese Systematik und Kontinuität innerhalb des Trainings, um eben auch auf andere Dinge verzichten zu können. Aufopfern heißt eben, ich fokussiere mich auf mein Ziel und tue alles dafür, um dieses Ziel so effizient wie möglich zu erreichen. Ich muss natürlich Einschränkungen dann im normalen Leben hinnehmen.

Mentalcoach Dirk Schmidt:
Herr Keller, welchen Effekt hat der Sport für Ihren Geist und Ihren Körper?

Christian Keller:
Ich habe festgestellt, seitdem ich laufe, dass man beim Laufen, meistens laufe ich zu zweit, dass man total abschalten kann. Das heißt, man vergisst die Alltagsprobleme, man hat keinen Stress mehr, weil die Stresshormone beim Laufen abgebaut werden. Man genießt die Natur, man ist an der frischen Lust, man hört die Vögel zwitschern, man sieht das seichte Wasser auf dem See. Man hat die Möglichkeit eine gewisse Problembewältigung auch zu durchleben, das heißt, wenn mich Dinge beschäftigen kann ich zwar alleine be- und verarbeiten und kann mir Lösungsansätze dadurch erarbeiten. Und ich habe immer jemanden mit dem ich reden kann. Durch das Reden völlig abschaltet und in eine Lauf Welt kommt, wo man für sich alleine ist, ohne an andere Dinge zu denken.

Mentaltrainer Dirk Schmidt:
Inwieweit hat das Laufen Ihr Leben bereichert?

Christian Keller:
Das Laufen und Sport treiben erhöht meine Lebensqualität. Das wird mit Sicherheit jeder feststellen, der jetzt anfängt zu laufen. Man ist im Kaufhaus und steigt ein paar Treppen und kommt oben an, und ist nicht mehr außer Atem, oder man schläft viel tiefer, viele Dinge im alltäglichen Leben sind mit einer Leichtigkeit zu bewältigen. Und dann kommt noch der tolle Nebeneffekt, das Laufen ist eine Ausdauersportart, und bei einer Ausdauersportart wird körpereigenes Fett verbrannt, dadurch habe ich die Möglichkeit eine Gewichtsreduzierung durchzuführen und das sieht natürlich auch gut aus. Wenn man irgendwo am Strand ist, und geht am Beach auf und ab spazieren mit seiner Freundin, dann ist mit Sicherheit auch der Stolz und die Anerkennung der Partnerin da, und wenn man Solo ist umso besser. Das sind alles positive und schöne Nebenwirkungen.

Mentalcoaching Dirk Schmidt:
Haben oder hatten Sie Vorbilder in Ihrem Leben?

Christian Keller:
Ja, das mit Sicherheit. Man kann ja Vorbilder in den unterschiedlichsten Facetten haben. Für mich ein Vorbild in der Außendarstellung war immer Richard von Weizsäcker, unser ehemaliger Bundespräsident. Der mit seiner souveränen Ausstrahlung, seiner Ruhe und mit seiner Kompetenz. Auf der sportlichen Seite war Michael Groß ein Vorbild, der natürlich von seinen Fähigkeiten her, der beste Schwimmer der Welt war, aus meiner Sicht. Von seinem Kampfgeist her, Boris Becker. Der mich damals mit seinem ersten Wimbledon Sieg so mit gefesselt hat, und Haile Gebreselassi vom Laufen her, der über Jahre hinweg die Mitteldistanzen beherrscht hat und der wirklich mit einem Spaß an der Freude seine Läufe gemacht hat und junge Athleten in der jetzigen Zeit immer noch mitziehen kann.

Mentalcoaching Dirk Schmidt:
Gibt es für Sie ein Lebensmotte nach dem Sie Leben?

Christian Keller:
Ja, es gibt mit Sicherheit mehrere. Einer davon ist „Sorge dich nicht, lebe“ nach dem gleichnamigen Buch. Das wichtigste im Leben ist die Gesundheit. Es gibt einen Spruch: “ Wenn Du Gesund bist hast Du mehrere Wünsche, bist Du Krank, dann hast Du nur einen Wunsch!“. Und dass man jeden Tag mit einem Lächeln beginnen sollte, denn das macht den Tag lebenswerter und jeder Tag, der vorbei ist kommt so nicht wieder wie er einmal war. Deswegen sollte man das Leben genießen, und jeden Tag so genießen als es der letzte wäre. Und sich nicht so viel Stress machen. Das schlimme an der heutigen Gesellschaft ist ja, dass sich viele Menschen auf sehr hohem Niveau beklagen. Jeder hat aber sein Einkommen, egal in welcher Art und Weise, jeder kann sich etwas zu Essen und zu Trinken kaufen. Also diese Grundsatzvoraussetzungen sind bei uns in Deutschland gegeben. Hier streben viele nur noch mehr Geld und einen besseren Job, ein größeres Auto, ein größeres Haus und vergessen dabei, dass die Gesundheit das elementar wichtigste ist. Ohne mein Kapital im Körper bin ich doch gar nicht in der Lage mein Leben zu genießen. Ich war auch mal in der 3. Welt. In Kenia, in China und vor allem in Afrika kämpfen die Menschen jeden Tag ums Überleben. Und da ist es für sie wichtig die Wassergewinnung für die Felder, um Nahrungsmittel zu produzieren oder Trinkwasser zu bekommen, oder die Schule für die Kinder zu organisieren. Wenn man da mal war, dann weiß man viele Dinge besser zu schätzen, und ist natürlich dann sehr irritiert über welche Dinge sich die Menschen hier in Deutschland beklagen. Wenn man schwimmen geht, und die Leute sich unter der Dusche beschweren, dass das Wasser zu kalt ist, und das ist schon unbeschreiblich welche große Differenz da besteht.

Mentalcoach Dirk Schmidt:
Herr Keller, was ist noch ein großes sportliches Ziel in Ihrem Leben?

Christian Keller:
Ein sportliches Ziel ist für mich einen Marathon unter 4 Stunden zu laufen. Da möchte ich gerne mein Handicap beim Golfen verbessern. Ich habe vor zweieinhalb Jahren meine Platzreife gemacht und seitdem nicht mehr gespielt. Da möchte ich mit Sicherheit ein Handicap mal unter 30 erreichen. Ein privates Ziel ist natürlich eine Familie und Kinder zu haben, das ist mit Sicherheit auch sehr wichtig und eben die Gesundheit. In seinem Job natürlich Zufriedenheit und Anerkennung.

Mentalcoach Dirk Schmidt:
Was würden Sie einem Menschen empfehlen, der dieses Interview liest und noch nie gelaufen ist. Das Interesse am Laufen gewinnt und in ein oder zwei Jahren einen Marathon laufen möchte? Was möchten Sie diesen Menschen mitgeben?

Christian Keller:
Das Laufen ein Gefühl der Freiheit vermittelt. Das man Sorgfältig nach einer Gesundheitsprüfung mit dem Arzt ein Programm entwickeln sollte, wo man einen fundierten Aufbau macht. Denn man kann auch viel kaputtmachen. Viel ist auch nicht gleich gut, man muss mit einem systematischen Trainingsplan sich darauf vorbereiten, auf das große Ziel. Man muss immer sehen, dass ein „normaler“ Sportler gar nicht die muskulären Voraussetzungen hat, um überhaupt längere Distanzen zu laufen. Deswegen ist ganz wichtig ein Muskel spezifische Aufbauphase durchzuführen, um auch die Gelenke zu schonen. Nichts ist schlimmer, wenn man zu großem Ehrgeiz hat. Diesen Ehrgeiz in kurzen und starken Belastungen irgendwo ausleben möchte. Wichtig ist doch eine langfristige und kontinuierliche Trainingsarbeit, um dann den größtmöglichen Erfolg zu haben. Das ist mit Sicherheit das wichtigste was man mitgeben kann, und zwischendurch immer wieder eine ärztliche Kontrolle, um kein böses Erwachen im Nachhinein zu haben.

Mentalcoach Dirk Schmidt:
Wie lange haben Sie sich auf den ersten Marathon vorbereitet?

Christian Keller:
Das darf man eigentlich gar keinem erzählen. Man muss mich ja nicht als Maßstab nehmen. Ich habe ja viel Sport vorher gemacht. Bei mir waren es 2 Monate.

Mentaltraining Dirk Schmidt:
Wie viele Kilometer laufen Sie dann pro Woche?

Christian Keller:
Ich bin damals für diesen Marathon in den 2 Monaten 300 Kilometer. Mein längster Lauf war 32 Kilometer und man muss vor einem Marathon lange Läufe machen in einer sehr mäßigen Laufgeschwindigkeit, um erstmal diese Grundlagenausdauer zu bekommen.

Coach Dirk Schmidt:
Laufen Sie immer mit Pulsuhr?

Christian Keller:
Ja immer. Mein Puls beim Marathon kommt nicht über 135. Also vom Puls her ist das alles für mich o. k. Wichtig ist bei mir das Durchhalten der Muskulatur, der Bänder und Gelenke im Fuß und Kniebereich. Deshalb dieser Vernünftige und sorgfältige Aufbau bei einem normalen Sportler der jetzt anfangen möchte.

Herr Keller, vielen Dank für das interessante Interview.

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Mehr Informationen über Christian Keller:
https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Keller_(Schwimmer)
 

https://www.christian-keller.de/

 

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